CHUN 3 (1986)

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Beiträge

  • Ning-ning Loh-John: Überlegungen zu dem mit “得” realisierten Adverbial und zu dessen Abgrenzung gegenüber dem mit “地” realisierten Adverbial
  • Harald Richter: Terra incognita des Chinesischunterrichts: Sprachstilistik (xiucixue)
  • Horst Schäfer: Chinesischer Film im Sinologieunterricht

Chinesischunterricht im Überblick

  • Chinesisch an den Gymnasien der Bundesrepublik
  • Hermann Reinbold: Chinese for Beginners an der Hermann-Tast-Schule in Husum
  • Brigitte Kehnen: Die Kunst des Möglichen – fünf Jahre Chinesisch-Unterricht an der Volkshochschule Duisburg
  • Elisabeth Kurz: Noch einmal zur Situation des Chinesisch-Unterrichts in Frankreich
  • Erfahrungen im Chinesischunterricht in den Vereinigten Staaten und an der Sprachenhochschule Beijing (Interview mit Timothy Light)

Rezensionen

  • Christoph Palm: Pao Erh-li/Cheng Ying: Chinesische Redensarten für Unterricht und Selbststudium
  • Peter Kupfer: Wang Yannong/Jiao Pangyong: A Collectional Dictionary of Common Chinese Verbs

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2. Arbeitssitzung "Chinesisch an Gymnasien" 1985

Von Samstag, 28. 9. bis Sonntag, 29. 9. , fand, im Anschluß an die Mitgliederversammlung, die von P. Wittke organisierte Arbeitssitzung "Chinesisch an Gymnasien" statt.

Zu Beginn wurde die neue Liste mit den Gymnasien, an denen in der BRD Chinesisch unterrichtet wird, vorgestellt (Stand September 1985) (Vgl. Rubrik "Chinesischunterricht im Überblick" in diesem Heft).

Ferner wurde ein Entwurf für Rahmenrichtlinien Chinesisch diskutiert, den Elisabeth Kurz verfaßt hat. In dem Entwurf sollte die marxistische Komponente nachgetragen werden. Einen zentralen Punkt bildete eine Informationsveranstaltung mit Vertretern der Schule, der Kultusbehörden und der Presse. Erschienen waren die Direktoren der drei Soester Gymnasien bzw. deren Stellvertreter, ein Vertreter des Schulamtes der Stadt Soest, ein Vertreter der Kultusbehörden aus Rheinland-Pfalz und die Soester Presse (vgl. Pressespiegel). Es wurde festgestellt, daß Chinesisch als ordentliches Schulfach noch nicht existiert, als solches auch noch nicht studiert werden könne. Die Kultusminister sollten daher dazu motiviert werden, Chinesisch als Schulfach einzurichten (vgl. dazu jetzt den FAZ-Artikel zur Situation in Niedersachsen v. 12. 10. 85, vgl. Pressespiegel). Ferner sollte an den Universitäten ein Lehrgang/Studiengang Chinesisch als Schulfach eingerichtet werden.

Es wurde ferner das KMK-Papier zur Situation des Chinesischunterrichts in der BRD vom August 1985 vorgestellt. Besonders wichtig schien den Teilnehmern die Aussage zu sein, daß in NRW nach §24 LPO eine Erweiterungsprüfung in Chinesisch möglich sei. Prof. Denninghaus stellte die Situation des Chinesischen im Vergleich mit den anderen Schulsprachen vor. In der BRD kann an 290 Schulen Russisch gelernt werden, Chinesisch z. Zt. an ca. 20 Schulen mit steigender Tendenz. Ein Blick in andere Länder zeigte, daß z. B. in der DDR - vergleichbar mit der Situation an den Hochschulen - kaum Chinesisch unterrichtet wird. Interessant war in diesem Zusammenhang, daß in Frankreich an ca. 40 Gymnasien Chinesisch unterrichtet wird, wie ein Faltblatt der Association française des professeurs de Chinois Université de Provence, Département d'études chinoises, deutlich machte. In Japan lernen ca. 1 Million Menschen Chinesisch. In den USA wird (Stand von 1975!) an ca. 500 Sekundarschulen Chinesisch unterrichtet, in den UdSSR ist Chinesisch sogar ordentliches Schulfach, tw. sogar 1. Fremdsprache.

Ein zweiter Schwerpunkt der Arbeitssitzung war ein Referat von Dr. Thürmann, Leiter des Referates Fremdsprachen am Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Abt. Curriculumentwicklung) über Perspektiven eines Schulfaches Chinesisch. Thürmann führte aus, daß die Situation der Fremdsprachen z.Zt. in der BRD nicht günstig sei, es bestünden starke Abwahltendenzen in den Schulen. Im Rahmen des pluralistischen Fremdsprachenangebots reichten Englisch und Franzosisch heute nicht mehr aus. Angesichts der Orientierungslosigkeit und der Grabenkämpfe, auch im Rahmen der Technologiedebatte, erwächst dem Fremdsprachenlernen aus dem Bereich der ausländischen Mitbürger, die als sogen. "Motoren" interkultureller Erziehung/Bildung fungieren, eine neue Motivation. Hier könnte das Türkische als Modellfall gelten. Türkisch ist seit kurzem in NRW ordentliches Schulfach. Es komme überhaupt darauf an, die ethnozentrische Sehweise zu durchbrechen. Dies dürfte sicher besonders auf den Eurozentrismus zutreffen, der noch nicht überall überwunden zu sein scheint.

Bei der Einrichtung eines neuen Schulfaches Chinesisch - wie überhaupt jedes Schulfaches - müßten neben der administrativen Seite folgende drei Kriterien berücksichtigt werden: curriculare, personale und organisatorische. Bei den curricularen Voraussetzungen könnten Lehrbücher für Chinesisch - Lehrbücher sind ja eine Art Curriculum - zugrundegelegt werden. Bei den personalen Voraussetzungen wäre daran zu denken, von der im KMK-Papier erwähnten Moglichkeit einer Erweiterungsprüfung für Chinesisch Gebrauch zu machen. An jeder Schule, an der das Fach Chinesisch unterrichtet wird, sollten zwei Lehrer für dieses Fach sein. Zu den organisatorischen Kriterien gehort z. B. die Frage nach der Gruppenstärke (ca. 18 Schüler).

Als Vorarbeit für künftige Richtlinien Chinesisch gelte es, zunächst die vorhandenen Schulbücher und Lehrpläne der gymnasialen Fächer auf chinesische Inhalte zu prüfen. Daran könne sich eine Profilbildung des Faches anschließen. Ein wichtiger Punkt in dem Referat von Th. war der Hinweis, in der Strategie, Chinesisch als Schulfach zu fördern, nach sogen. "Bundesgenossen" Ausschau zu halten, u. a. in der Bildungsadministration, in den Parteien und Verbänden. Gut wäre, eine „Inselbildung" zu betreiben, d. h. regionale Schwerpunkte zu bilden.

Zusammenfassend kann zur Arbeitssitzung "Chinesisch an Gymnasien" gesagt werden, daß sie - zumal wegen des sehr informativen und motivierenden Referates von Thürmann - einen wichtigen Schritt vorwärts in Richtung "Chinesisch als Schulfach" geführt hat.

Die Arbeitssitzung ging zu Ende mit der Vorführung eines Interviews, das der Saarländische Rundfunk mit Marianne Altmeyer hatte, deren Chinesischunterricht er besuchte. Ferner berichtete H. Schäfer über die Situation des chinesischen Films. Peter Kupfer gab noch einige Ausblicke auf CHUN IV (Übersicht über Chinesisch als Fremdsprache in China usw. ), der Vorstand besprach noch anstehende Probleme.

Damit ging eine zweitägige, sehr fruchtbare Veranstaltung der AFCh in Soest zu Ende. Soest hat sich als idealer Tagungsort erwiesen. Man sollte in Zukunft öfter darauf zurückkommen.

Peter Wittke